
Taschengeld war etwas von dem viele Kinder in den Nachkriegszeiten nur träumen konnten. Das Geld in den Familien war knapp, und der Groschen wurde sprichwörtlich vor dem Ausgeben „mehrmals“ umgedreht. Aber das Verlangen der Kinder nach Eis, Lutscher, Zuckerstangen oder Waffelbruch war groß. Die Kinder und Jugendlichen waren aber sehr einfallsreich um an ein paar Pfennige zu gelangen. Sie zogen los und sammelten Metallschrott und verkauften es an die „Lumpensammler“ die zu der Zeit noch zahlreich durch Werdohl fuhren. Mehrmals in der Woche kamen sie meist aus dem Ruhrgebiet nach Werdohl. Wenn die Flöte erklang, liefen die Jugendlichen auf die Straße und hielten den Wagen an. Zunächst wurde gefragt was für ein Kilo Schrott zu bekommen sei. Für Eisen gab es zwischen 6 und 10 Pfennig, für Buntmetall erheblich mehr.
In Ütterlingsen holten die Jungen das Metall aus der Lenne. Im Sommer hatte der Fluss oft einen niedrigen Wasserstand und dort fand sich so manches Eisenteil. Darunter waren bis in den späten 50er Jahren etliche Gewehrläufe. (Waffen waren nach dem Krieg dort entsorgt worden). Aber auch Granaten wurden hin und wieder in der Lenne gefunden. Im Versetal wurden die Jugendlichen durch Schrottsammeln „reicher“ als die in Ütterlingsen.
Die Jungen vom Bremfeld, Bärenstein und Eveking haben sich durch das Sammeln von Buntmetall ihr Taschengeld verdient. Im Werk VDM muss vor vielen Jahren mal eine Buntmeltallgießerei gewesen sein. Das neben den Gussformen getropfte Metall erkaltete auf dem Hallenboden und wurde dann täglich weggefegt. Schmutz landete vielfach in der Verse, dabei war auch das Metall. Das war ein Geheimtipp und ausgerüstet mit Topfdeckeln, Küchensieb und Blechdosen zogen die Kinder wie Goldgräber zum Schürfen los. Dabei wurden richtige Claims abgesteckt. Die älteren hatten natürlich direkt am VDM Werk die besten „Schürfgebiete“. Je jünger man war, desto weiter ging es der Verse abwärts bis zum Rotenhohl.
Die Metallhändler haben an der Bundestrasse gestanden und es wurde nur an denen verkauft die den besten Preis zahlten. Mit ein paar Mark in der Tasche zogen die Jungen dann zurück nach Hause. Vorher ging es aber noch zum Bärensteiner Konsum oder zur Bäckerei Waldminghaus in Altenmühle um für ein paar Pfennige eine Tüte „Klümpkes“ zu kaufen. Die Anzahl der Schrotthändler die mit ihren Wagen durch Werdohl fuhren nahm in den Jahren langsam ab, auch wurde durch das wachsende Umweltbewusstsein immer weniger Altmetall in den Flüssen entsorgt. Seit einigen Jahren kann man aber wieder einen der typischen fahrenden Schrotthändler sehen und wenn das Flötenlied durch die Straßen ertönt, wird so mancher Werdohler an seine Kindheit erinnert.
- Geschichten zur Geschichte
- Teil 1 – Der lange Weg durch das Dorf
- Teil 2 – Die Sache mit den ….hagen
- Teil 3 – Als es noch „Kinderschützenfeste“ in Werdohl gab
- Teil 4 – Werdohl und sein Salzwerk
- Teil 5 – Wie ein Deal zwischen den beiden Kirchen eine alte Glocke rettete
- Teil 6 – Wo einst die Ritter hausten
- Teil 7 – Zurückgelassener Güterzug durfte geplündert werden
- Teil 8 – Beim Frauenschwimmen mussten die Zuschauer „geschützt“ werden
- Teil 9 – Alltag an der Dorfstraße, oder die Sache mit dem Besen
- Teil 10 – Aus Lenne und Verse frisch auf den Tisch
- Teil 11 – Wie die Königsburg zu ihrem Namen kam.
- Teil 12 – Von den „Dunkelmänner“ Werdohls
- Teil 13 – Bevor das Haus ein Rathaus wurde
- Teil 14 – Für Getränkenachschub wurde eine Flagge gehisst
- Teil 15 – Ein Hofgartendirektor und die ehemalige Parkanlage Funkenburg
- Teil 16 – Von einem Wirt der sein eigenes Baumaterial zurück kaufen musste
- Teil 17 – Fluch und Segen einer Handesstrasse
- Teil 18 – Der „anstrengende Weg“ eines Polizisten
- Teil 19 – „Glück auf“ auch in Werdohl
- Teil 20 – Zum 80. Jahrestag der Bücherverbrennung
- Teil 21 – Mensch und Tier bei Hochwasser auf engstem Raum
- Teil 22 – Über den Werdegang einer ungewöhnlichen Schule
- Teil 23 – Ein Fährmann in Werdohl
- Teil 24 – Das Waldversteck
- Teil 25 – Die verschwundenen Namen
- Teil 26 – Vom Mühlzwang und der königlichen Mühle
- Teil 27 – Ein „Berg“ wird bis zur Hälfte weg gesprengt
- Teil 28 – Als den Werdohlern das Bier brauen verboten wurde
- Teil 29 – Wie eine halbe Brücke eingeweiht wurde
- Teil 30 – Wie war das nochmal mit der Soppe/Zoppe
- Teil 31 – Feste feiern im Kaisersaal
- Teil 32 – Die Geschichte vom „Felixturm“
- Teil 33 – Was hat es mit den Haferkästen auf sich?
- Teil 34 – Wie der Busenhof zu seinem Namen kam?
- Teil 35 – Werdohl und seine „(un)heimlichen“ Gewässer
- Teil 36 – Ein kleines „Dorf“ in Ütterlingsen
- Teil 37 – Vom Dorfpolizist gab es mit dem Säbel „eins hinten drauf“
- Teil 38 – Ein Parkplatz auf dem Dach
- Teil 39 – Vom Großfischtag an der Lenne
- Teil 40 – Aus Dresel frisch auf dem Grafentisch
- Teil 41 – Der Einzelhandel in „alter“ Zeit
- Teil 42 – Ein Ortsteil der vielen Brücken und Wasserwege
- Teil 43 – Was es mit dem Zusatz „zur Post“ aus sich hat
- Teil 44 – Ein Bauernhof im Licht und Schatten der Geschichte
- Teil 45 – Die Wochenenden in vergangenen Zeiten
- Teil 46 – Kleine Koksstückchen brachten die ersehnte Wärme
- Teil 47 – Sportboote und Holzkähne auf der Lenne
- Teil 48 – Für etwas Süßes wurde nach Altmetall „geschürft“
- Teil 49 – Wie die Hebamme des Dorfes durch das Hochwasser kam
- Teil 50 – Ein ungewöhnliches Unternehmen im „Eisenhämmerland“
- Teil 51 – Der widerspenstige Gaul
- Teil 52 – Ein Hotel wird um eine Zimmerbreite verkleinert
- Teil 53 – Mit einem Trick den Dieb ermittelt
- Teil 54 – Rückblick auf ein Schützenfest
- Teil 55 – Aus dem Arbeitsleben eines Nachtwächters
- Teil 56 – Start in die Gastronomie mit Hindernissen
- Teil 57 – Lustige Stimmung im Wahllokal
- Teil 58 – Zwei Grundsteinlegungen für eine Kirche
- Teil 59 – Der Schnaps wurde durch die Reupe gereicht.
- Teil 60 – Der verschwundene Adelssitz
- Teil 61 – Der Name Borbet-Höhe hat sich nicht durchgesetzt