Vom Ende der 30er bis in den 60er Jahren stand in Ütterlingsen ein „kleines Dorf“. Es befand sich gegenüber dem Freibad und erstreckte sich bis kurz vor der Eisenbahnbrücke über die Hauptstraße. Das „Dorf“ war tatsächlich eine geschlossene Siedlung mit Straßen und vielen kleinen Häusern. Die Straßen hatten Namen, darunter Königsberger und Stettiner Straße; sie waren mehr unbefestigte Wege.

Bei Regenwetter gab es da etliche Pfützen und Unebenheiten. Doch das störte damals kaum jemanden. Wer hatte in den 40er und 50er Jahren denn schon ein Auto? Auf Grund der kleinen Häuschen wurde das Dorf im Volksmund auch „Negerdorf“ genannt. Anscheinend erinnerten die kleinen Häuser manchen an Siedlungen in Afrika.

Gegründet und gebaut wurde die Siedlung einst auf Geheiß der NSDAP. Den Häusern sollten Parteigünstlinge als Wochenendhäuser dienen. Dazu ist es aber nie gekommen, da der von denen selbst angezettelte Weltkrieg machte dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. Bewohnt wurden dann die Häuser zuerst von ausgebombten Familien aus dem nahen Ruhrgebiet. Anschließend kamen Flüchtlinge hinzu die auf Grund des Krieges ihre Heimat verlassen mussten. Die Menschen die in der Siedlung wohnten, waren froh eine akzeptable Unterkunft erhalten und in Werdohl eine neue Heimat gefunden zu haben. Jede Familie erhielt eine kleinen Häuschen mit zwei Zimmern und einer Küche. Es gab aber auch zwei große Baracken.

Viele richteten sich sehr schön ein, sie bauten unter dem Haus einen Keller und vor allem auf freie Flächen um die Häuser herum wurden Gärten angelegt. Vor etlichen Fenstern hingen Blumenkästen und fast jeder nannte ein Gemüsebeet sein Eigen. Mit dem Bau von neuen Wohnungen der Wohnungsgesellschaften wurde in den 60er Jahren genügend Wohnraum für die Flüchtlinge und Vertriebene des Krieges geschaffen und die Menschen konnten umziehen.

Vielen fiel es schwer, ihr „kleines Paradies“ zu verlassen, aber auf Dauer waren die Häuschen auch zu klein, da die Familien auch größer wurden. Nachdem alle Neubürger Wohnraum gefunden hatten, wurde das „kleine Dorf“ nicht mehr benötigt und musste weiteren Baumaßnahmen der Wohnungsgesellschaften weichen.