Zu der Zeit als die Motorisierung noch nicht so weit verbreitet war, ergänzten Kutschen und Fuhrwerke das Strassenbild. Hier sind nicht etwas die Postkuschen gemeint die die Nachbargemeinden mit Werdohl verbanden, sondern vielmehr die Kutschen und Fuhrwerke einiger Bewohner von Werdohl. So fuhren beispielsweise die Bauern auf den Höhen Werdohls regelmäßig mit ihren Kutschen zum Gottesdienst ins Dorf oder ins Versetal. Die Fuhrwerke dienten dazu Kartoffeln und andere Ackerfrüchte zu den Werdohlern oder auf den Märkten zu bringen. Die Industriellenfamilien in Werdohl besaßen alle eine Kutsche und machten neben Dienstreisen auch Sonntagsausflüge mit ihren Familien. Mit der zunehmenden Entwicklung in der Automobilindustrie und der Eisenbahn nahm die Anzahl der Kutschen stetig ab. Ein Berufszweig in Werdohl ist dem Fuhrwerk ziemlich lange treu geblieben, die teilweise bis zum Anfang der 1960er Jahre vereinzelt noch in Werdohl zu sehen waren. Die Rede ist hier von den Fuhrunternehmen die es zahlreich im Ort gab und die man heute Speditionen nennen würde. Namen wie Schmerbeck von der Friedrichstrasse, Hömberg von der Lindenstrasse, Preikschat vom Sand, Lohmann im Versetal und Schlotmann von der Bahnhofstrasse um nur einige zu nennen. Meistens waren es kleine zweirädrige Karren. Neben kleinere Aufträge von den Fabriken machten diese Fuhrunternehmen ihre Geschäfte meistens mit dem Transportieren von Einkellerungskartoffeln, Brennholz oder mit Kohlenanlieferungen für die Werdohler Bevölkerung. Selbst die Toten wurden noch bis in die 1950 er Jahre mit der sog. „Leichenkusche“ zum Friedhof gefahren. Fuhrleute sagt man, haben immer großen Durst. So gab es an fast allen Gaststätten Ringe an denen die Pferde angebunden wurden. Die Fuhrmänner machten dort Pause und tranken ihren „Schoppen“. Dazu gehörte dann wohl auch ein Schnaps aus dem „Fuhrmannspin“, einem länglichen Schnapsglas. Sie tranken nicht in die Kneipe, sondern ließen sich das, um auf das Gespann zu achten, durch eine Klappe, die „Reupe“ nach draußen oder in den Gaststättenvorraum servieren. Manche Gaststätten hatten auch einen „Beichtstuhl“, eine Sitzgelegenheit an der Durchreiche. In der ehemaligen Gaststätte Brinker an der Plettenberger Strasse konnte man noch so eine Reupe sehen, die damals zu jedem guten Gasthaus gehörte. Geblieben sind noch die Wörter Fuhrmannspin für ein großes Schnapsglas und der (Früh)schoppen und zeugt noch vom Beruf der Fuhrleute. Bild: die Versestrasse mit Fuhrwerk 1922